EZB hält Leitzinsen bei 1%
von Robert Haselsteiner (Gründer der Interhyp AG)
EZB steckt weiterhin im DilemmaAuch in ihrer gestrigen Sitzung hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen auf dem historisch tiefen Niveau von 1% belassen. EZB-Präsident Draghi hat dabei weiterhin die Konjunkturaussichten in Euroland kritisch eingeschätzt und die Inflationsrisiken als harmlos dargestellt. Mit diesen Aussagen unterstreicht er das bekannte Dilemma in der Eurozone. Für wen macht die EZB eigentlich die Zinspolitik? Für den harten Kern strukturell gesunder Volkswirtschaften zu denen Deutschland, Holland und Österreich jedenfalls gehören, oder für die strukturell angeschlagenen Südländer, die unter schwachem Wachstum und höheren Finanzierungskosten leiden? Gibt es für diese beiden Gruppen überhaupt eine Chance auf eine gemeinsame Zinspolitik? Die Antwort ist ein klares Nein.
Zinspolitik stützt die SüdländerDie strukturellen Unterschiede in den einzelnen Volkswirtschaften Europas sind in den vergangenen 20 Jahren seit Beschluss der Währungsunion nicht kleiner geworden. In vielen Bereichen sogar größer. Der dramatische Rückgang der Zinsen in den früheren Hochzinsländern des Südens hat, gepaart mit hohen Transferzahlungen aus EU-Fördertöpfen, in den Südländern eine „Wohlstandsillusion“ entstehen lassen. Die Kernländer um Deutschland haben in dieser Phase viel geringeres Wirtschaftswachstum ausgewiesen und daher Strukturmaßnahmen vorgenommen, die die Wettbewerbsfähigkeit nochmals verbessert haben. Die Vorteile sind heute zu sehen. Die Südländer, und hier möchte ich Frankreich mit einschließen, haben dagegen die Vorteile mitgenommen, aber Strukturreformen versäumt. Die „Euroland-Sonderdividende“, die diese Länder im Zuge der dramatischen Zinskostenersparnis bekommen haben, wurde also nicht investiert, sondern konsumiert. Das Resultat ist jetzt offensichtlich: In Zeiten von Konjunkturabschwung und stark angestiegenen Finanzierungskosten müssen diese Länder einen Spar- und Reformkurs einschlagen, der natürlich zu enormen Belastungen der Bürger führt. Griechenland ist ein Sonderthema für sich. Die eigentlich viel repräsentativere Tragödie spielt sich in Spanien ab. Seit Anfang der 90er Jahre ist Spanien auf einer Welle des Erfolges gesurft: ein Immobilienboom enormen Ausmaßes, hohe Investitionen in Infrastruktur, erfolgreiche Banken, die auch noch mit ihrem Engagement in Lateinamerika von dem dortigen Boom profitieren konnten. Steigender Konsum aufgrund steigender Immobilienwerte mit Vermögensillusion und hoher Verfügbarkeit von Konsumentenkrediten zu niedrigen Zinsen haben die Spanier in die Kreditfalle laufen lassen. Zwar ist der spanische Staat auf den ersten Blick gar nicht so stark verschuldet, aber die privaten Haushalte haben dramatische Schulden angehäuft und die Staatsverschuldung wird bei weiterhin schwacher Konjunktur rasant wachsen. Eine gefährliche Kombination. Erst jetzt beginnt die spanische Regierung mit versäumten Reformen am Arbeitsmarkt und im Steuersystem aktiv zu werden. Zu Zeiten einer Rekordarbeitslosigkeit von über 20% und einer Jugendarbeitslosigkeit von über 40% ist das natürlich ein soziales Pulverfass. Dass Frau Merkel mit ihren ständigen Aufrufen, einen strikten Sparkurs zu fahren, in Spanien keine Freunde hat, ist angesichts dieses Absturzes der Spanier aus der „Wohlstandsillusion“ kein Wunder. Früher hätte die spanische Währung jetzt deutlich abgewertet und eine Anpassung hätte schrittweise eingesetzt. Diesen Weg haben sich zumindest die Engländer offengehalten, indem sie dem Euro ferngeblieben sind. Damit können sie weiter über Währung und eigenständige Zinspolitik agieren. Für Spanien und die anderen Südländer ist dieser Weg versperrt. Sie können nur über ihren Repräsentanten in der EZB darauf drängen, eine möglichst „südländische Zinspolitik“ zu betreiben. Das gelingt seit dem Antritt von Herrn Draghi auch recht gut. Der tiefe Leitzins, die Liquiditätshilfen für die Banken und der Versuch, den Euro nicht stark werden zu lassen - das alles hilft den Südstaaten sehr. Für die Kernländer baut sich aber eine Gefahr auf. Die Leitzinsen sind jetzt schon viel zu niedrig und drücken auch das Niveau für Kreditzinsen. Das führt jetzt bei uns zu steigenden Immobilienpreisen und damit auch zu steigenden Mieten. Hohe Kapazitätsauslastung und hohe Beschäftigung sind zwar schön, bringen aber jetzt auch steigende Lohnforderungen und in der nächsten Runde steigende Preise mit sich. Kurz gesagt, die Inflationierung läuft an. Gleichzeitig erhalten die Sparer in den Kernländern aber Sparzinsen, die schon jetzt deutlich unter der Inflation liegen. Dies bedeutet also einen weiteren Transfer.
Inflation könnte Baugeld bald verteuernFür die nächsten Monate wird sich aufgrund der beschriebenen Herausforderungen für die Südländer nichts an der Politik der EZB ändern. Die Leitzinsen werden tief bleiben. Eventuell im Laufe des Jahres noch einmal gesenkt werden. Die deutschen Bundesanleihen werden weiterhin eine hohe Sicherheitsprämie von internationalen Investoren zugebilligt bekommen und damit werden auch die langfristigen Kapitalmarktzinsen in Deutschland tief bleiben. Und diese sind auch die Referenz für die Baugeldkonditionen hierzulande.
Die Aussichten für Baugeldkunden bleiben also gut. Auch in den nächsten Wochen und Monaten kann mit sehr attraktiven Zinsen gerechnet werden. Mittelfristig besteht allerdings die Gefahr, dass steigende Inflationsraten die Kosten für langfristige Sollzinsbindungen steigen lassen. Daher sollte gerade jetzt mit einer langfristigen Fixierung der Konditionen für Kalkulationssicherheit bei Immobilienkäufen gesorgt werden.
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Stefan Plenk
Finanzfachwirt (FH)
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